„Artenschutz ist gesamtgesellschaftliche Aufgabe“ - Stadt wird eigene Grünflächen bienenfreundlich gestalten - Stadt Freyung

„Artenschutz ist gesamtgesellschaftliche Aufgabe“ - Stadt wird eigene Grünflächen bienenfreundlich gestalten

Karel Kleijn, Biologe aus der Gemeinde Hohenau und langjähriger Aktiver im Landesbund für Vogelschutz und Bund Naturschutz in Bayern hat den Auftrag der Stadtverwaltung ein Konzept entwickelt, wie die Stadt ihre öffentlichen Flächen in Zukunft so pflegen kann, dass Insektenfreundlichkeit gefördert und Blühwiesen entstehen können. In Absprache mit den beiden Ortsobmännern des Bayerischen Bauernverbandes, Josef Manzenberger (Kreuzberg) und Franz Krückl (Freyung) wurde das Konzept nun auf den Weg gebracht.


Wie jede andere Gemeinde verfügt Freyung über eine Vielzahl von kleineren Flächen, die seit Jahrzehnten vom Bauhof gepflegt werden. Es handelt sich um Wiesen rund um Buswartehäuschen, um Böschungen, größere Flächen wie rund um das Freyunger Feuerwehrhaus, Spielplätze und innerstädtische Grünzonen wie den Auenpark oder den Langgarten. „In den vergangenen Jahren hat unser Bauhof hier mit großem Einsatz eine kontinuierliche Pflege sichergestellt. Wenn wir als Kommune einen Beitrag dazu leisten wollen, dass Insekten gute Lebensräume haben und die Biodiversität erhalten bleibt, dann können und müssen wir selber aktiv werden“, erläutert Bürgermeister Dr. Olaf Heinrich. Um eben dieses Ziel zu erreichen beauftragte das städtische Bauamt im vergangenen Jahr Karel Kleijn, der als Diplombiologe über einen großen Erfahrungsschatz in der Region verfügt. „Natürlich wird es auch in Zukunft Flächen geben, die häufig gemäht werden müssen. Als Beispiel nenne ich hier Spielplätze, auf denen Kinder kurze Rasen benötigen“, so Karel Kleijn. In der Vorstellung seines Gesamtkonzepts verwies er jedoch ausdrücklich darauf, dass Randbereiche auch bei Spielplätzen, genauso wie im Auenpark oder entlang von Böschungen durch eine seltene Maht viel artenreicher werden können als dies heute der Fall ist. „Hier geht es um eine schrittweise Verbesserung der Artenvielfallt. Dies wird jedoch nicht nur dadurch gelingen, dass seltener gemäht wird. Es sollten auch Einsaaten von regionalen Blühpflanzen erfolgen“, so Diplombiologe Kleijn.


Bauernverband: tolles Signal!


Die beiden für die Stadt Freyung zuständigen Ortsobmänner des Bayerischen Bauernverbandes (BBV) begrüßen die Initiative der Stadtverwaltung. Sie legen großen Wert darauf, dass die Ziele des Volksbegehrens nur gesamtgesellschaftlich erreicht werden können. „Dass die Stadt Freyung hier mit einem Gesamtkonzept vorangeht, begrüße ich sehr“, so der Freyunger Ortsobmann Franz Krückl aus Oberndorf. Er verweist darauf, dass man eine gute Öffentlichkeitsarbeit benötigen werde um deutlich zu machen, dass eine spätere Maht erforderlich und sinnvoll sei. Spätestens wenn Gräser braun werden, könnte dies zu kritischen Rückmeldungen aus der Bevölkerung führen. Um einen Beitrag zur Information der Öffentlichkeit zu leisten kann sich der BBV vorstellen, einen Beitrag im Rahmen der Gartenschau unter dem Motto „neue Wege in der Landwirtschaft“ zu gestalten. „Aber gerade das Verblühen und neue Aussähen der Pflanzen ist notwendig“, so Karel Kleijn. Josef Manzenberger, der Ortsobmann von Kreuzberg, sieht in der Initiative der Stadt „ein tolles Signal“, weil damit deutlich werde, dass nicht die Bauern alleine für Artenvielfallt und Insektenschutz zuständig seien. „Dazu kann jeder Einzelne private Grundstückseigentümer beitragen. Wer nur einen englischen Rasen haben möchte und jeden Grasschnitt, jeden Ast und alles Laub in der braunen Tonne entsorgt, der macht es Insekten schwer und entfernt ihre Nahrung. Wer in Randbereichen einen wilden Bewuchs zulässt, wer die Blumen so lange wachsen lässt bis sie verblüht sind, der schafft kleine grüne Inseln auch in jeder städtischen Siedlung.“, so Landwirtschaftsmeister Josef Manzenberger.


Der technische Leiter des städtischen Bauamts, Lothar Ilg, und der Vorarbeiter im städtischen Bauhof, Thomas Blöchl, sind davon überzeugt, dass die vorgeschlagenen Maßnahmen erst „eingeübt und selbstverständlich werden müssen“. Eine große Arbeitserleichterung erwartet der Blöchl nicht, vielmehr würden sich die Arbeitsabläufe ändern und es müsse ein Teil des Bauhofs anders organisiert werden. „Ganz wichtig ist mir jedoch: die Bevölkerung sollte wissen, dass wir mit guten Gründen so handeln. Es geht ausdrücklich nicht um Einsparungen oder den Versuch, weniger Aufwand zu haben“, so Blöchl. Er weist darauf hin, dass gerade die Entwicklung von blühenden Randstreifen zu mehr Handarbeit führen werde.


Stadt, Bauern und Bürger: Hand in Hand


Als Ziel der Initiative bezeichnet Bürgermeister Dr. Olaf Heinrich, dass „für jeden Bewohner unserer Stadt möglichst deutlich wird, dass wir ein Gesamtkonzept und eine gemeinsame Anstrengung brauchen, um zu einem Ort zu werden, indem Arten- und Insektenschutz großgeschrieben werden. Es sind nicht die großen Investitionen, die dies möglich machen. Vielmehr kann jeder Einzelne einen Beitrag leisten. Die Stadt geht hier – in enger Abstimmung mit dem Bayerischen Bauernverband vor Ort – voran. Es soll auch klar sein, dass unsere Landwirte eine zentrale Funktion in der Gesellschaft bekleiden. Sie produzieren nicht nur hochwertige Nahrungsmittel, sondern pflegen seit Generationen die einzigartige Kulturlandschaft des Bayerischen Waldes“, so Dr. Heinrich.


Ab dem Frühjahr 2020 wird das Gesamtkonzept von Karel Kleijn nun auf allen städtischen Flächen umgesetzt. Mit dem Biologen wurde vereinbart, dass das Bauamt und der Bauhof gerade im ersten Jahr in engem Austausch mit ihm bleiben um bei Rückfragen eine schnelle Klärung zu erhalten. Die Wiederauflage zweier im vergangenen Jahr erfolgreicher gestarteter Angebote ist ebenfalls geplant. So wird die Stadt im Frühjahr erneut Blumensamen für artenreiche Blühflächen in privaten Gärten verschenken. Auch das Angebot, alte Obstbäume vergünstigt erwerben zu können, wurde im letzten Jahr sehr gut angenommen. Es wird eine Neuauflage im Jahr 2020 geben.

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