Sozialpädagogin Christine Ilmberger, Mitarbeiterin des Landshuter Netzwerks e.V. im Bereich Suchtberatung in Landshut, war als Referentin in die Sitzung des Ausschusses eingeladen und berichtete über das neu in Niederbayern etablierte Angebot für Personen, die von exzessiver Mediennutzung betroffen sind. „AktivOffline ist ein professionelles, kostenloses und vertrauliches Beratungsangebot, Kinder, Jugendliche und Erwachsene als auch Eltern und Angehörige aus ganz Niederbayern haben nun die Möglichkeit, sich bei uns via App, Chat, Mail oder Videochat beraten zu lassen“, führte Ilmberger aus.
Sie berichtete anhand von anschaulichen Forschungsergebnissen, dass die Mediennutzung bei Kindern und Jugendlichen zwischen 12 und 19 Jahren nicht nur während der Pandemie sehr hoch gewesen sei, sondern in den letzten Jahren kontinuierlich angestiegen ist. Nach dem Höchststand während der Pandemie konnte aber 2022 ein Rückgang der Nutzungsdauer beobachtet werden.
Vor diesem Hintergrund habe die Deutsche Rentenversicherung Bayern Süd das Landshuter Netzwerk damit beauftragt, in Niederbayern eine zentrale Anlaufstelle für Personen zu sein, die von exzessiver Mediennutzung betroffen sind als auch für deren Angehörige.
„Seit dem Start der Onlineberatung haben bereits sowohl Betroffene als auch Angehörige unsere Beratung in Anspruch genommen. Wobei vorrangig Eltern, welche sich um das Medienkonsumverhalten Ihrer Kinder sorgen, in Kontakt getreten sind“, führte die Landshuter Sozialpädagogin aus.
Aufgabe der Beratungsstelle, die vorerst bis Jahresende 2023 durch die DRV Bayern Süd finanziert wird, ist die Beratung und im Bedarfsfall auch die Weiterleitung bzw. Vermittlung an Selbsthilfegruppen oder geeignete Therapieangebote.
„Gaming, Streaming und Social Media sind oft ein großer Teil unseres Alltags. Ziel unserer Beratungsstelle ist es, Menschen auf dem Weg zu einem achtsamen, selbstkontrollierten und mündigen Konsum von digitalen Medien beratend und unterstützend beiseite zu stehen“, so Christine Ilmberger.
In der anschließenden Diskussion fragte Stadtratsmitglied Dr. Sebastian Weber nach, inwieweit auch Präsenztermine vor Ort möglich seien, wenn es eine größere Nachfrage aus dem Landkreis oder der Stadt gäbe. Die Vertreterin des Landshuter Netzwerkes sagte zu, diese Anregung aufzugreifen und zu prüfen, sollte sich eine größere Zahl von Betroffenen oder deren Angehörige melden. Stadtratsmitglied Elisabeth Tesche zitierte Johann Wolfgang von Goethe, der einmal sagte „Man könnte erzogene Kinder gebären, wenn die Eltern erzogen wären“. Sie verwies darauf, dass gute Vorbilder von großer Bedeutung sind und dass natürlich auch der Medienkonsum durch die Eltern eingeschränkt bzw. begrenzt werden müsse. Auf die Nachfrage von Stadtrat Sebastian Schlutz, wie viel Betroffene es in Niederbayern gebe, hatte die Referentin eine Zahl parat. Nach einer bundesweiten Erhebung der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung BZGA sind im Jahr 2019 7,6 % in der Altersgruppe von 12 bis 17 Jahren in ihrem Verhalten bereits pathologisch, weitere 30,4 % haben ein problematisches Medienkonsumverhalten. „Dies zeigt, dass es zweifellos auch bei uns in der Region solche Fälle geben muss, und zwar wahrscheinlich nicht wenige“, so Bürgermeister Dr. Olaf Heinrich.
Die Beratung und Weitervermittlung durch das Landshuter Netzwerk sei eine wichtige Ergänzung der Beratung im Bereich Sucht, ergänzte der Bürgermeister. Die Therapie dagegen sei aktuell unbedingt ausbaufähig. Die Sozialpädagogin Christine Ilmberger wies darauf hin, dass es lediglich in Furth im Wald und im Raum München Therapieangebote gäbe. In Niederbayern ist ihr bis dato keine spezialisierte Suchtklinik bekannt.