Wärme aus heimischer Energie ist ökologisch und wirtschaftlich / Josef Hilgart führte das Nahwärme-Projekt zum Erfolg – Seit 1. Mai ist Michael Pradl - Stadt Freyung

Wärme aus heimischer Energie ist ökologisch und wirtschaftlich / Josef Hilgart führte das Nahwärme-Projekt zum Erfolg – Seit 1. Mai ist Michael Pradl

Umweltfreundliche Energieversorgung bekommt immer höheren Stellenwert. In Freyung wird seit Dezember 2013 Nahwärme über die Stadt Freyung Service GmbH produziert und vertrieben. Das Projekt wurde ein großer Erfolg – vor allem dank des langjährigen Geschäftsführers Josef Hilgart, der nun auf eigenen Wunsch die Geschäftsführung an Michael Pradl abgegeben hat.

Für die Stadt Freyung ist dieser Wechsel Anlass, Bilanz zu ziehen über eine „hocherfolgreiche Entwicklung“. Bürgermeister Dr. Olaf Heinrich erinnert sich noch an die Anfänge: „Die Idee gab es schon lange, aber als die Wolfsteiner Werkstätten neu gebaut haben, kam Schwung in die Sache. Es war klar: Wenn, dann müssen wir jetzt loslegen und gleich den Anschluss der Werkstatt realisieren.“ Mit Kämmerer Josef Hilgart hatte die Stadt von Anfang an einen sehr engagierten und fachlich versierten „Kümmerer“ gefunden. Für ihn galt es, drei Herausforderungen gleichzeitig zu bewältigen. Als Geschäftsführer musste er alle Verträge für die Anschließer und Lieferanten vorbereiten sowie sämtliche im Genehmigungsverfahren anfallenden Prozesse begleiten, etwa in Sachen Emissionsschutz. Daneben galt es die Finanzierung des Millionenprojektes sicherzustellen und im Anschluss die riesige Baumaßnahme zu koordinieren. Unterstützt wurde Josef Hilgart damals auch von Klimaschutzmanager Markus Linkenheil.

 

Jeder Meter Leitung muss sich tragen

 

Nach zahlreichen Beratungen durch Betreiber solcher Anlagen in Österreich war den Freyunger Akteuren schnell klar, dass das Nahwärme-Projekt nur dann wirtschaftlich betrieben werden kann, wenn möglichst viele Anschlüsse an ein kompaktes Leitungsnetz erfolgen. „Jeder Meter Leitung muss sich von Anfang an tragen, hatten uns die erfahrenen Betreiber in Oberösterreich empfohlen“, berichtet Heinrich, der bei einigen Ortsterminen unterwegs war. Dieser Devise blieb man vor allem auch dank der Arbeit von Josef Hilgart stets treu. Neue Leitungen wurden nur dann gelegt, wenn vorher bereits die Abnehmer klar waren. Daneben galt es, vor allem in den Anfangsjahren, viel Überzeugungsarbeit zu leisten. „Bei zahlreichen Versammlungen haben Herr Hilgart und Baptist Resch als Betreiber die Interessierten umfassend aufgeklärt und so dazu beigetragen, dass eine maximale Transparenz bei allen herrschte. Das führte wiederum zu großer Zufriedenheit der Abnehmer“, so Heinrich. Nachdem in den ersten Jahren bereits Rathaus, Kurhaus, Sparkasse, Amtsgericht und Krankenhaus angeschlossen wurden, erfolgten danach zwei große Erweiterungen in Richtung Landratsamt, das nun mit beiden Amtsgebäuden durch Nahwärme versorgt wird, sowie bis zur Physiotherapieschule im Königsfeld. Die letzte Erweiterung ging bis zur Firma Landfuxx, am Fuße der VdK-Siedlung.

 

Weiterer Netzausbau geplant

 

Auch für dieses Jahr ist ein weiterer Netzausbau geplant. „Wir bieten im Zuge der aktuellen Straßenbaumaßnahmen weiteren Abnehmern einen Anschluss an“, erklärt der neue Geschäftsführer Michael Pradl. Im Mittelpunkt stehen dabei die Westspange (Zuppinger Straße) sowie die Kolpingstraße in der Froschau. Interessierte können sich kostenlos beraten und eine individuelle Wirtschaftlichkeitsberechnung inklusiver Vergleichsbetrachtungen mit alternativer Energieversorgung erstellen lassen. „Es braucht nur einen Anruf und dann machen wir einen Vor-Ort-Termin aus“, erklärt Pradl. Er betont auch, dass man im Vergleich zu 2013 den Abnehmern sogar einen günstigeren Preis anbieten könne. Zwar sei der Grundpreis, welcher auf Basis der Indizes zur Lohnkostenentwicklung und zu den Maschinenbauerzeugnissen jährlich angeglichen wird, gestiegen, doch könne dies durch einen inzwischen deutlich geringeren Arbeitspreis (dieser orientiert sich am Energieholzindex) mehr als ausgeglichen werden.

 

Zunehmend wirtschaftlicher für Abnehmer

 

„Zu Beginn gab es für einige Abnehmer nicht unbedingt einen großen wirtschaftlichen Grund, aber viele wollten diese regionale Energieversorgung unterstützen“, blickt Bürgermeister Heinrich zurück, der auch sein Privathaus anschließen ließ, obwohl die Gasheizung noch Jahrzehnte gelaufen wäre. „Die Abnehmer sehen neben den wirtschaftlichen Vorteil und den großen praktischen Nutzen. Sie müssen sich im Grunde um nichts mehr kümmern: Keinen Brennstoff kaufen, keinen Kessel auswechseln, keinen Kaminkehrer kommen lassen, man kann bei Störungen rund um die Uhr jemanden erreichen. Dazu kommt eine große Transparenz mit einer monatlichen Abrechnung, bei der man den Verbrauch ständig nachvollziehen kann.“ Zudem sei das ökologische Bewusstsein insgesamt gestiegen und allein schon das Wissen, dass die Wärme im Haus aus der Region kommt, stärke diesen Trend hin zum bewussten Umgang mit der Energie.

 

Die Region profitiert, nicht Russland oder Saudi-Arabien

 

Genau dieser Aspekt ist für den Bürgermeister besonders ausschlaggebend. Das Holz bzw. die Holzabfälle, die im Hackschnitzelheizwerk verbrannt werden, kommen ausschließlich aus einem Umkreis von 30 Kilometern. „Wir werden von den Staatsforsten mit naturbelassenem Waldhackgut beliefert, die Kreuzberger Waldbauern waren von Anfang an dabei, das Sägewerk Resch aus Neureichenau bringt seine Späne und vieles mehr zu uns und auch die Stadt selbst kann ihre, bei der Landschaftspflege anfallenden Stämme, Äste & Co. hier verwerten. Selbst die Transportfirma ist aus dem Landkreis.“ Auch bei der Baumaßnahme wurde auf lokale Firmen gesetzt, nur der Kessel und die Übergabestationen wurden von einem österreichischen Hersteller geliefert, die Rohreitungen stammen aus deutscher Produktion. „Man sieht hier deutlich den Unterschied zu Öl oder Gas, bei denen der Großteil der Wertschöpfung ins Ausland geht. Von der Nahwärme in Freyung profitiert weder Russland noch Saudi Arabien, sondern unsere Region.“

Aber auch der ökologische Aspekt wird immer interessanter. Mittlerweile sind mehr als 90 Abnehmer angeschlossen. Allein im Jahr 2020 konnten so 12.600 Megawattstunden an Energie produziert werden, was einer Einsparung von eineinhalb Millionen Liter Heizöl und 4.400 Tonnen Co2 entspricht. „Die tatsächliche Einsparung liegt sogar noch höher, denn jede alte Heizung, die ausgetauscht wurde, hätte wegen des niedrigeren Wirkungsgrades alter Anlagen noch viel mehr verbraucht“, erklärt Heinrich. Den eigenen Strombedarf des Hackschnitzelheizwerks deckt man teilweise durch die auf dem Dach montierte PV-Anlage. Selbst der Faulturm in der städtischen Kläranlage wird mit Wärme versorgt, der früher jährlich fünfstellige Literzahlen an Heizöl verbraucht hatte.

 

Interessante Fördermöglichkeiten

 

Mittlerweile stehen über die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) lukrative Zuschüsse für Sanierungen oder Neubauten von Häusern zur Verfügung, wenn man eine ökologische Energieversorgung nachweist. „Der günstige Primärenergiefaktor fließt bei der Berechnung mit ein, was sich positiv auf den Energieausweis eines Gebäudes auswirkt“, erklärt Geschäftsführer Michael Pradl. Deshalb ist für die Stadt nicht auszuschließen, dass man bei steigender Nachfrage mittelfristig eine Erweiterung des Heizwerks andenkt. Doch noch gibt es freie Kapazitäten entlang des bestehenden Leitungsnetzes. Über die Einnahmen werden nach und nach die rund 6 Millionen Euro, die für den Bau und das Netz investiert wurden, abbezahlt. „Für die Liquidität der Service GmbH wurde im Übrigen noch nie nur ein Euro vom städtischen Haushalt verwendet“, betont am Ende der Bürgermeister. Er ist sehr froh, dass sich das Nahwärme-Projekt nach gut sieben Jahren so gut etabliert hat. „Das war maßgeblich das Verdienst von Josef Hilgart, ohne dessen Einsatz diese Erfolgsgeschichte so nicht möglich gewesen wäre.“ Dem neuen Geschäftsführer Michael Pradl wünscht er zugleich eine ebenso glückliche Hand. Nachdem dieser aber bereits in Grafenau die Entstehung der dortigen Nahwärme aktiv begleitet hat, ist er mit dem Thema vertraut und freut sich nun, das gut bestellte „Freyunger Haus“ übernehmen zu können.

 

Archiv